Hubschraubereinsätze der Flugpolizei kostenpflichtig?

Werner Senn, Leiter der österreichischen Flugpolizei, erläutert die Gesetzesänderung, die für Hubschraubereinsätze der Flugpolizei des österreichischen Innenministeriums eine Verrechnung ermöglicht. Bisher mussten die Kosten für die Bergung von grob fahrlässigen Bergsportlern von der Allgemeinheit getragen werden.

Als der Polizeihubschrauber am 25.05.2018 von der Leitstelle Vorarlberg zu einer Unverletzten-Bergung auf den Fundelkopf (2.400 Meter) in der Nähe der Gemeinde Brand gerufen wurde, war der Besatzung klar, dass dieser Einsatz unter einem neuen Blickwinkel gesehen werden muss.

Denn der 25.05.2018 war jener Tag, an dem das neue Sicherheitspolizeigesetz in Kraft trat und somit eine Grundlage für die Verrechnung von Bergeeinsätzen ermöglicht wurde. Diese Gesetzesänderung wurde deshalb notwendig, weil der Polizeihubschrauber immer öfter Bergungen durchführen musste, die eher einem „Komforttransport“ glichen als einer Bergung aus lebensbedrohlicher Notlage.

Polizeihubschrauber | Foto cc-by AT Wikimedia Commons/KarlGruber
Polizeihubschrauber ED 135
Foto cc-by AT Wikimedia Commons/KarlGruber

Wer eine falsche Notmeldung abgibt oder jener, der sich grob fahrlässig einer Gefahr für Leben oder Gesundheit aussetzt, hat die Aufwendungen des Einsatzes selbst zu tragen.

Österreichisches Sicherheitspolizeigesetz

So wurde also bei diesem Einsatz am Fundelkopf ein Vater mit seinen zwei Töchtern und einem Hund vom Gipfelgrat geborgen und zur Innerpalüdalpe geflogen. Die Urlauber hatten bei ihrer Tour den markierten Steig verlassen, waren unzureichend ausgerüstet, mussten wohl auch auf den Hund im felsdurchsetzten Gelände mehr als erwartet aufpassen und gestanden sich letztlich selbst die völlig unzureichende Tourenplanung ein.

Die Bergsteiger erfüllten damit alle Parameter, die nunmehr eine Verrechnung ermöglichen. Als einige Wochen später dann ein aufmerksamer Bergsteiger noch das Gipfelbuch des Fundelkopfes in Augenschein nahm, fand er folgenden Eintrag dieser Personen:

„Wir schreiben Geschichte! 3-köpfige Familie mit 4-beinigem Hund. Nach ungeplantem & mühsamen Aufstieg gönnen wir uns den Luxus, den Abstieg per Hubschrauber vorzunehmen.“

Eintrag im Gipfelbuch. Neben diesem Eintrag wurde auch noch eine nette Wolke gezeichnet mit der Bezeichnung „Hub… Hub… Hubschraubereinsatz!“

Nun ist gerade dieser erste verrechenbare Fall ein Beleg dafür, dass solche Einsätze nicht mehr von der Allgemeinheit getragen werden können. Dass ein solcher Einsatz auch für die Hubschrauberbesatzung manches Mal ein hohes Risiko darstellt, versteht sich von selbst. Immerhin mussten die Geborgenen bei böigen Windverhältnissen durch abgestütztes Landen mit einer Kufe vom Gipfelgrat geborgen werden.

Hubschraubereinsätze der Flugpolizei kostenlos? - Foto BMI/Flugpolizei

(1a) Wer ein Einschreiten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes verursacht, weil er
1. vorsätzlich eine falsche Notmeldung auslöst oder
2. sich zumindest grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3 StGB) einer Gefahr für Leben oder Gesundheit ausgesetzt hat,
hat als Ersatz der Aufwendungen des Bundes einen Pauschalbetrag, der nach Maßgabe der durchschnittlichen Aufwendungen, abhängig von den eingesetzten Mitteln, mit Verordnung des Bundesministers für Inneres festgesetzt wird, zu leisten.

Der neue § 92a im Sicherheitspolizeigesetz SPG

Warum aber konnte durch die Polizei bisher keine Verrechnung erfolgen?

Mit Inkrafttreten des Sicherheitspolizeigesetzes 1993 wurde die rechtliche Verpflichtung der Ersten Allgemeinen Hilfeleistung gesetzlich festgelegt. Wenn also Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gefährdet sind, dann gibt es einen gesetzlichen Auftrag der Polizei, diese Rechtsgüter zu schützen. Das Gesetz entstand allerdings zu einem Zeitpunkt, an dem der durchschnittliche Bergsteiger noch nicht mit Handy ausgestattet war. Meist wurden also die Bergsteiger zunächst vermisst und die Sachlage unklar, die Polizei begann daraufhin mit der Suche und konnte die betreffenden Personen nicht selten in misslicher Lage im alpinen Gelände auffinden und dann bergen.

Im heutigen Handyzeitalter kann demgegenüber der Bergsteiger sehr genau seine Situation schildern und wenn keine Verletzung vorliegt, ist dies auch kein klassischer Einsatzfall für einen Notarzthubschrauber. Und so haben die Leitstellen bislang bei solchen Einsätzen auf den Polizeihubschrauber zurückgegriffen. Nachdem also die Erste Allgemeine Hilfeleistungspflicht ein Gesetzesauftrag ist, konnten für solche Einsätze keine Rechnungen gestellt werden. Dies führte aber in den letzten Jahren dazu, dass immer mehr Bergsteiger den Hubschrauber als eine Art „Komforttaxi“ benutzten, ganz nach dem Motto:
Wenn’s nicht mehr geht, holen wir den Polizeihubschrauber, der kostet ja eh nichts!

Ecureuil H125, Foto Flugpolizei

Hubschraubereinsätze der Flugpolizei kostenpflichtig?

Angesichts dieser Entwicklung wurde nunmehr das Sicherheitspolizeigesetz dahingehend abgeändert, dass derjenige, der eine falsche Notmeldung abgibt, oder jener, der sich grob fahrlässig einer Gefahr für Leben oder Gesundheit ausgesetzt hat, die Aufwendungen des Einsatzes selbst zu tragen hat. Insgesamt wurden von Inkrafttreten des Gesetzes, also von Mai bis 30. November 2018, 235 Einsätze geflogen wo unverletzte Bergsteiger geborgen wurden. Bei 82 Einsätzen und 139 geborgenen Personen wurde die Bergung in Rechnung gestellt. Damit wird gut ein Drittel der Bergeeinsätze verrechnet, wodurch der Allgemeinheit überbordende Kosten erspart werden und eine gewisse Eigenverantwortung am Berg auch in dieser Hinsicht wieder Bedeutung erlangt.

Beitrag von Mag. Werner Senn,
erschienen im März 2019 im

analyse:berg Jahrbuch Winter 2018/19

https://www.alpinesicherheit.at/de/analyse-berg-winter-2018-19/

[Update 18.08.2020: Untersberg: Hohe Rechnung für Gerettete]

salzburg.orf.at: Untersberg: Hohe Rechnung für Gerettete

Die Besatzung des Polizeihubschraubers musste am Wochenende zwei unverletzte Wanderer vom Untersberg (Flachgau) retten. Sie hatten sich in der Dunkelheit verirrt. Die Rechnung für den Einsatz müssen sie nun selbst bezahlen, und die ist hoch: 2.120 Euro.

Peter Obermüller, salzburg.ORF.at

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