Die 10 Empfehlungen des ÖKAS in der Praxis betrachtet
Die letzten Winter war es unübersehbar: Tourengehen boomt. Der Aufstieg auf der Piste bietet eine niederschwellige Möglichkeit diesen Sport auszuüben – keine aufwändige Tourenplanung, kein Lawinenrisiko und standardisierte Pistenverhältnisse, vor allem bei der Abfahrt. Im Zentrum bei Pistentouren steht der Spaß am Aufstieg.
Das Kuratorium für alpine Sicherheit ÖKAS hat 10 Empfehlungen für Pistentouren herausgegeben, die mittlerweile allgemein anerkannt sind. Die Empfehlungen sind das Ergebnis eines breiten Diskussionsprozesses mit allen beteiligten Interessensvertretern.
Im folgenden Artikel wollen wir uns die 10 Empfehlungen in der Praxis ansehen.
Die 10 Empfehlungen für Pistentouren
1 Warnhinweise sowie lokale Regelungen beachten.
Punkt 1 sollte selbstverständlich sein: ich gehe nicht „blind“, sondern beachte die Hinweise vor Ort. Eine vor Ort wegen Lawinengefahr gesperrte Aufstiegsspur sollte man auch nicht benützen.
Die FIS-Regel Nr. 8 „Beachten der Zeichen“ sagt:
Jeder Skifahrer muss die Markierungen und die Signale beachten.
2 Der Sperre einer Piste oder eines Pistenteils Folge leisten.
Beim Einsatz von Pistengeräten – insbesondere mit Seilwinden – oder bei Lawinensprengungen, etc. kann es zu lebensgefährlichen Situationen kommen. Pisten können daher aus Sicherheitsgründen für die Dauer der Arbeiten gesperrt sein.
Hier gibt es die meisten Konflikte: Pistenbetreiber sperren Pisten, meist um sie zu präparieren. Tourengeher:innen ignorieren diese Sperren häufig.
3 Nur am Pistenrand und hintereinander aufsteigen.
Schon die FIS-Regel Nr. 7 sagt: Ein Skifahrer, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrtsstrecke benutzen.
Diese Empfehlung wird in der Praxis weitgehend befolgt, denn das vermeidet Kollisionen und Konflikte zwischen aufsteigenden und abfahrenden Skifahrer:innen.
4 Die Piste nur an übersichtlichen Stellen und mit genügend Abstand zueinander queren.
Siehe FIS-Pistenregel Nummer 6:
Jeder Skifahrer muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten.
5 Frisch präparierte Pisten nur im Randbereich befahren.
Über Nacht festgefrorene Spuren können die Pistenqualität stark beeinträchtigen.
Nach Betriebsschluss wird oft frisch präpariert. Spuren und Löcher von Tourengeher:innen am Abend frieren dann über Nacht ein.
6 Bis 22:30 Uhr oder einer anderen vom Seilbahnunternehmen festgelegten Uhrzeit die Pisten verlassen.
In der Nacht wird präpariert. Seilwinden stellen eine tödliche Gefahr auf der Piste dar. Es besteht das Risiko, dass man in das gespannte Seil hineinfährt, oder dass das Seil bei der Präparierung hin- und herpeitscht. In der Vergangenheit waren oft schwere und sogar tödliche Unfälle mit Seilwinden zu beklagen.
7 Sichtbar machen.
Bei Dunkelheit oder schlechter Sicht Stirnlampe, reflektierende Kleidung etc. verwenden.
Gilt besonders bei Dämmerung und Nacht: Erkennbar sein für Pistengeräte und andere Pistenbenützer:innen.
8 Bei besonders für Pistentouren gewidmeten Pisten nur diese benützen.
Einige Skigebiete weisen eigene Aufstiegsspuren aus, um Aufstieg und Abfahrt zu entflechten.
Auf eigens gewidmeten Aufstiegsspuren ist man genauso ungefährdet unterwegs, denn die Pflichten des Pistenhalters wie Markierung und Absicherung gegenüber alpinen Gefahren gelten auch hier.
Tipp: diese Aufstiege sind landschaftlich schöner.
Hinweis: Die Pistensicherungspflicht gilt nur bei geöffnetem Skigebiet, d.h. außerhalb der Öffnungszeiten gilt Eigenverantwortung.
Eine Empfehlung, die in der Praxis polarisiert und nicht beachtet wird: Hunde sind auf Pistentouren nicht erlaubt. Auf bergwelt-miteinander.at werden die Gründe erklärt:
Neben der Verletzungsgefahr für AbfahrerInnen durch Kollisionen oder Stürze kann eine Pistentour auch für den Hund mit blutigen Pfoten enden.
10 Ausgewiesene Parkplätze benützen und allfällige Parkgebühren entrichten.
Die von Seilbahnen oder Grundbesitzern zur Verfügung gestellte Infrastruktur kostet schließlich auch etwas. Das gilt sinngemäß auch für Toiletten.
Unsere Empfehlung: Öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder Fahrgemeinschaften bilden. Die Nutzung von ÖPNV und Skibussen ist immer eine empfehlenswerte und ökologische Anfahrtsvariante – auch auf Skitour.
Rechtliche Einordung der 10 Empfehlungen
Die 10 Empfehlungen des ÖKAS haben – ähnlich wie die FIS-Regeln – nicht den Status von Gesetzen. Dennoch werden sich Gerichte in ihrer Judikatur an diese Empfehlungen halten, und mit der Zeit entwickeln sich die Empfehlungen dann zum allgemeinen Verhaltensmaßstab.
Anmerkung: Die Empfehlungen des ÖKAS und damit dieser Artikel beschäftigen sich mit der Situation in Österreich. In anderen alpinen Regionen gelten zum Teil ähnliche, aber im Detail abweichende Regelungen.
Fazit zu Pistentouren
Pistentouren sind beliebt, denn sie bieten niedrige Einstiegshürden für den Einstieg in den Skitourensport. Die 10 Empfehlungen des ÖKAS helfen die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen, seien es Seilbahnbetreiber, Skitourengeher oder Alpinskifahrer.
Quellen & Literatur
10 Empfehlungen für Pistentouren – Österreichisches Kuratorium für Alpine Sicherheit ÖKAS 2010
Pistenskitouren – wer haftet? – von Sarah Markt
Tiroler Skitourenkonzept (pdf) – „Bergwelt Tirol – miteinander erleben“ – Forstdienst des Landes Tirol 2015
Ratgeber Skirecht – von Werner Senn
10 DAV Regeln für Skitouren auf Pisten – DAV, VDS und DSV
Pistentouren – Regeln in Bayern – Deutscher Alpenverein 2021